Beethovens Genius kommt nicht von ungefähr – sein Leben lang studiert er Werke von Kollegen, um sich Hilfestellung und Inspiration zu holen. Die wichtigsten Vorbilder sind auch heute noch namhafte Komponisten.
Mit den Klavierwerken von Johann Sebastian Bach kommt Beethoven schon früh in Bonn in Berührung. Sein Lehrer Christian Gottlob Neefe reklamiert für sich, Bach im Unterricht zu behandeln.
“Louis van Betthoven, Sohn des obenangeführten Tenoristen, ein Knabe von 11 Jahren, und von vielversprechenden Talent. […] Er spielt größtentheils das wohltemperirte Clavier von Sebastian Bach, welches ihm Herr Neefe unter die Hände gegeben.” Neefe über Beethoven in einem Artikel für eine Zeitschrift in Hamburg, 1783
Die Beschäftigung mit J.S. Bach hält ein Leben lang an. Ab 1809 erwacht Beethovens Interesse an den Vorfahren aufs Neue. Er ordert beim Verlag Breitkopf & Härtel…
“… von J. Sebastian Bach eine Missa, worin sich folgendes Crucifixus mit einem Basso ostinato, der Ihnen gleichen soll, befinden soll.” Brief Beethovens von 1810
Über das Cruzifixus aus Bachs h-Moll-Messe hat Beethoven im Lehrwerk “Die Kunst des reinen Satzes in der Musik” von Johann Philipp Kirnberger gelesen. In der Ausgabe, die auch Beethoven besessen hat, kann man hier blättern.
Dr. Julia Ronge (Beethoven-Haus Bonn) über die Bach-Familie (1:00 Min.)
Die Musik von Carl Philipp Emanuel Bach, Sohn von Johann Sebastian, lernt Beethoven ebenfalls durch den Unterricht bei Neefe kennen. Aber auch schon Beethovens Vater Johann van Beethoven hat Musik des “Hamburger Bach” als Sänger der Hofkapelle musiziert. Beethoven erinnert auf einer Abschrift seines Vaters der Kantate “Klopstocks Morgengesang am Schöpfungsfeste” in der rechten oberen Ecke handschriftlich daran.
“Von meinem Theuren Vater geschrieben” Bleistifteintrag Beethovens auf der Notenabschrift seines Vaters
Mit sechzehn Jahren reist Beethoven zu einem ersten kurzen Aufenthalt nach Wien. Dort lernt er wahrscheinlich auch Wolfgang Amadé Mozart kennen, der ihn angeblich bittet, etwas auf der Orgel zu improvisieren. Spätere Generationen haben dieses Aufeinandertreffen prachtvoll ausgeschmückt.
Obwohl ihre Vorstellungen vom Klavierspiel weit auseinandergehen, zollt Beethoven dem Komponisten Mozart lebenslang Anerkennung. Ein Jahr vor seinem Tod schreibt Beethoven in einem Brief:
“allzeit habe ich mich zu den größten Verehrern Mozarts gerechnet, und werde es bis zum letzten Lebenshauch bleiben.”
Während Beethoven zunehmend das Interesse an Zeigenossen verliert, bleibt sein historisches Bewusstsein wach. Noch wenige Wochen vor seinem Tod erhält der schon bettlägerige Beethoven eine 40-bändige Notenausgabe, die er stolz im Freundeskreis zeigt
“Händels sämmtliche Werke als Geschenk an Ludwig van Beethoven dargebracht.” Meldung in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, 1827
Der Einfluss von Beethovens Vorbildern findet sich in seinen Werken mal verborgen, mal ganz offen. Über die langen Variationen in der Klaviersonate op. 109 von 1820 schreibt sein Schüler Carl Czerny später, der ganze Satz sei komponiert
“im Style Händels und Seb: Bach’s” Czerny in einem Lehrwerk über Beethovens Klaviersonaten, 1839